BÜHNE 602 zeigt die Vorgeschichte zum Klassiker „Dinner for One“
Ostsee Zeitung, 30.09.2024, Thorsten Czarkowski
BÜHNE 602 zeigt die Vorgeschichte zum Klassiker „Dinner for One“
Im Rostocker Theater ist als abendfüllendes Stück zu sehen, wie der Film entstanden sein könnte
Der TV-Klassiker ist bekannt: Seit 1963 gibt es im deutschen Fernsehen am Silvestertag
„Dinner for One“. Das Zweipersonenstück um Miss Sophie und ihren Butler James (sowie ihre vier imaginären Gäste) ist allseits bekannt. Nicht aber die Geschichte, die der Theaterautor Volker Heymann drumherum geschrieben hat. Es geht um das (fiktive) Casting, das die Regisseurin (Lydia Wilke) mit den Bewerbern Elvira (Angela Schla- binger) und Klaus (Peer Roggendorf) abhält. Um es klarzustellen: Lydia Wilke spielt die Regisseurin auf der Bühne, die wirkliche Regisseurin des Stücks ist Angelika Zacek. Bisschen kompliziert, es erklärt sich auf der Bühne aber schnell. So wird dieses Stück auch ein Blick hinter die Kulissen des Theaterbetriebs. Auf der einen Seite gibt es den Eignungsteststress, dem sich viele Darsteller beim Vorsprechen aussetzen, auf der anderen Seite ist auch Selbstherrlichkeit der Regisseure im Spiel. So ergeht es auch dem Schauspieler Klaus, der alle möglichen verbalen und körperlichen Verrenkungen anstellt, um diese Rolle zu bekommen. Er greift tief in die schauspielerische Trickkiste, obwohl er nur ein drittklassiger Provinzschauspieler ist. Doch immer neue Forderungen, die ihm im Casting gestellt werden, machen ihn irre. Denn die Rolle des Butlers James, um die er sich bewirbt, verlangt eben nicht die höchsten schauspielerischen Fähigkeiten. Etwas lockerer sieht es die Bewerberin Elvira, die mit Klaus in einer Hassliebe verbunden ist. Die beiden sind auch als Kabarettduo unterwegs und haben eine schwierige persönliche Vorgeschichte. Sie tragen ihre Konflikte auch während des Castings und der Proben aus, was wiederum die Regisseurin fast wahnsinnig macht. Aber: Sie sind drin im Stück.
So wie es den Film im Film gibt, gibt es hier Theater im Theater. Auf diese Weise wird die eigene Kunstform reflektiert. Der Blick in den Theaterbetrieb mit all den Verwerfungen, Gefühlsverirrungen und Eitelkeiten ist hier sicherlich übertrieben, bietet aber große Komik. Die Schauspieler gehen in ihren Rollen geradezu auf. Dem Zuschauer wird eine Vorgeschichte zu „Dinner for One“ präsentiert. Zum Ende dieser Aufführung wird das
18-minütige Originalstück mitgeliefert – aber man sieht es mit anderen Augen.
Die nächsten Vorstellungen sind am 6. Oktober (18 Uhr) und 11. Oktober (20 Uhr) auf der BÜHNE 602. Das abendfüllende Stück bleibt länger im Programm, auch Weihnachten und Silvester.